von Richard Hensel | In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten wir hier in Hamburg bereits mehrere kalte Sommer erlebt. So haben wir es gewagt, obwohl wir noch nicht einmal zehn Jahre in West-Deutschland lebten, einen Urlaub in Bulgarien an der Schwarzmeerküste zu buchen.
Bulgarien war auch ein begehrtes Reiseziel für unsere ostdeutschen Landsleute. So blieb es nicht aus, dass wir am Strand auch mit ihnen ins Gespräch kamen. Mit einer Familie haben wir uns besonders gut verstanden, so dass wir beschlossen gemeinsam zu Mittag zu essen.
Im Speisesaal waren jedoch die Gäste aus dem Westen von den Ostdeutschen getrennt. Dieses wussten wir aber nicht oder wollten es auch nicht wissen. Wir nahmen also gemeinsam mit unseren Strandbekannten in deren Speisesaal Platz.
Als die Bedienung das Essen brachte (es handelte sich um Suppe mit einer Wurst) konnten wir sehen, dass der Kellner die Teller übereinander gestapelt servieren wollte. Es konnte nicht ausbleiben, dass die Unterseite des jeweils oberen Tellers mit Suppe beschmutzt war. Dieses veranlasste meine Frau zu einem, man kann schon sagen, recht provozierenden Lachen. Daraufhin wurde der Kellner sehr böse und sagte: „Du nix bekommen!“ Dies wiederum veranlasste mich zu der Feststellung, dass sich so etwas in Hamburg kein Kellner erlauben dürfe.
Er hatte wohl bloß das Wort Hamburg verstanden, und sofort war sein Verhalten wie umgewandelt. Selbstverständlich wurde unser Tisch prompt bedient, obwohl wir noch nicht an der Reihe waren.
Autor: Richard Hensel