von Helene Bornkessel | In den Jahren vor 1933 musste am Essen sehr gespart werden, aber danach wurde wieder in die Kochbücher geschaut… aber nur geschaut, denn mit den Angaben: „Halbes Pfund Butter, 8-10 Eier und sonstige Zutaten“, konnte man auch damals kaum kochen.
1935 kam dann mit viel Propaganda und Anpreisungen das „Dr. Oetker Schulkochbuch“. Es war verständlich beschrieben, sogar wie man Kaffee und Tee kochen kann. Meine Chefin kochte als erstes ein Kohlgericht nach Dr. Oetkers Angaben. Ein Stück mageres Ochsenfleisch, mit etwas Fett und viel Zwiebeln kurz anbraten, den geschnittenen Kohl dazu geben, würzen und mit etwas Wasser auffüllen, das Fleisch oben in den Kohl legen und garen lassen. Wie lange, weiß ich nicht mehr. Aber der Kohl schmeckte sehr gut.
Meine Mutter gab den geschnittenen Kohl in den Topf, viel Wasser drauf und dann salzen und ein Stück vom fetten Schweinebauch dazu. Der Kohl war immer wässrig und zu fett.
Meine Chefin probierte immer mehr aus und übergab mir manchmal das Kochbuch: „Nun sind Sie dran.“ Ich machte dann gerne Aufläufe. Das waren neue Gerichte, aber sie schmeckten gut.
Nach dem Buch wurde dann in vielen Familien gekocht, die Rezepte und Erklärungen passten gut in jeden Haushalt und schonten den Geldbeutel.
Zu Weihnachten backte meine Chefin zum ersten Mal den Quarkstollen nach Dr. Oetker. Der schmeckte so gut! Aber nicht nur damals, er wird heute weiterhin in unserer Familie gebacken. Meine Töchter haben noch nach dem Oetker-Kochbuch gelernt, und die Enkel haben sich die alten Kochbücher angeeignet.
Es war ein sehr gutes Kochbuch, hatte aber vielleicht auch die Aufgabe, die Bevölkerung auf die kommende Nahrungsmittelknappheit vorzubereiten.
Autorin: Helene Bornkessel