von Jürgen Franke | Wie wohl die meisten Jungen in meiner Generation (geb. 1932) bekam ich zum Geburtstag und zu Weihnachten das eine oder andere aus Blech gefertigte, mit Gummireifen ausgestattete LKW-Modell im grauen Tarnanstrich, ergänzt durch einen Panzerspähwagen mit angehängtem Geschütz.
Aber viel mehr interessierte mich die Puppenstube meiner Schwestern. Und so spielten die denn mit meinen Fahrzeugen, während ich mich dem kleinen Herd (mit wirklichen Kochfeldern), dem Miniatur-Waschbecken, Tisch und Stühlen widmete.
Mehr Interesse hatte ich an meiner Eisenbahn. Ich war wohl vier Jahre alt (1936), als ich zu Weihnachten den Grundstock für diese – zunächst Märklin Spur 0 – bekam. Es gab auch schon die Spur HO, halb so groß, aber mindestens ebenso spielgeeignet. Vielleicht meinte mein alter Herr, ein kleiner Junge könne mit den schmalen Gleisen und den kleinen Lokomotiven noch nicht so gut umgehen. Das ist sicherlich kein Fehler gewesen. Ein Fehler aber war es, mir zugleich einen Werkzeugkasten mit einem respektablen Hammer zum Geschenk zu machen. Eine halbe Stunde lang existierten zwei Lokomotiven, eine grüne und eine blaue. Die blaue hatte ich sogleich in mein Herz geschlossen. Die grüne musste darunter leiden, dass ich die Farbe nicht mochte. So hatte ich denn für längere Zeit nur eine blaue Lokomotive.
Auch mit den Schienen haperte es dann und wann. Sie waren nämlich seinerzeit noch aus Weißblech hergestellt – jede Schiene lediglich mit drei Schwellen, ebenfalls aus Weißblech, bewehrt. Weißblech war damals nicht anders als heutzutage äußerst „beulfreudig“ Und so hatten meine Fahrten mit der stolzen Eisenbahn eher den Charakter eines Ausflugs auf dem welligen Strang einer Feldbahn.
Mit 10 Jahren begann ich, wie viele Gleichaltrige, von der Fa. Wiking in Berlin hergestellte Flugzeug- und Schiffsmodelle zu sammeln (Maßstab 1:200 bzw. 1:1250). Für den Erwerb reichte das übliche Taschengeld selten, aber wer mit Geschick zu tauschen verstand, konnte den Bestand seiner Sammlung ständig erhöhen. Wenn er es denn nicht vorzog, mit den Modellen den Krieg in der Luft und zu Wasser zu simulieren.
So war auch ich anfangs dabei, wenn wir Jungs uns mit unserer Me 109 und der „Spitfire“ Leitwerke und Tragflächen kostende Luftkämpfe (per Hand) lieferten, in vermeintlich sicheren (aufgegrabenen) „Bunkern“ versteckte „Hampden“ oder „Blenheim“ mit Bomben (Steinen) malträtierten, oder mit dem Katapult dem Schlachtkreuzer „Hood“ die Geschütztürme wegschossen.
Wohl dem, der diese Periode bald hinter sich ließ: Heute kann die Versteigerung einer wohlbehaltenen Sammlung einen satten fünfstelligen Betrag erbringen.
Übrigens war die offenkundige emotionale Zuwendung zu den Modellen für meinen alten Herrn ein probates Hilfsmittel, mich mit der Drohung, die „Flugzeugileinchen“ andernfalls in den Ofen zu werfen, zur (widerwilligen) Ausführung seiner Befehle zu zwingen.
Autor: Jürgen Franke