von Richard Hensel | Es war 1950. Ich lebte damals in Wittstock/Dosse. Eine kleine Stadt in der gerade aus der so genannten SBZ („sowjetisch besetzte Zone“) hervorgegangenen DDR. Für junge Leute, ich war 17 Jahre alt, gab es so gut wie keine Abwechslung.
Einzig der Fußballverein brachte etwas Farbe in den trüben Alltag. Da war es ganz natürlich, dass ich, obwohl ich wenig Talent hatte, dort mein Glück versuchte. Die Jugendabteilung wurde von einem sehr engagierten Trainer geleitet. Ihm war es gelungen, was damals wirklich sehr schwer war, mit uns für eine Woche in ein Trainingslager nach Harzgerode im Ostharz zu fahren. Zum ersten Mal sollten wir, etwa 25 Jugendliche, unsere nähere Umgebung verlassen und etwas anderes zu sehen bekommen. Die Aufregung war entsprechend groß.
Morgens um 7 Uhr trafen wir uns vor dem Sportheim, und eine halbe Stunde später kam auch der LKW, der uns in den Harz bringen sollte. Busse kannte man zu jener Zeit in der DDR und vorher aus der SBZ nur aus der Vergangenheit. Das Fahrzeug war mit Sitzbänken ausgestattet. Auch hatte es eine Plane für den Fall, dass es unterwegs regnen sollte. Wir alle waren glücklich. Eine Woche von zu Hause weg.
Am späten Nachmittag erreichten wir ohne Panne unser Ziel. Doch bevor wir es uns in unseren Zimmern gemütlich machen konnten, wurde erst einmal eine Trainingseinheit durchgeführt. Schließlich waren wir von der langen Fahrt ganz schön steif geworden. Es hat keiner gemurrt, waren wir doch in ein Trainingslager gefahren.
Wenn ich mich recht erinnere, sahen die Zimmer genauso aus, wie ich sie aus der Kinderland- verschickung in Erinnerung hatte. In jedem Zimmer standen 2 Doppelstockbetten, 4 Spinde und ein Waschbecken. Dusche und WC befanden sich auf dem Flur. Doch all dieses konnte unserer Freude keinen Abbruch tun. Auch haben wir mit Begeisterung an den sportlichen Übungen sowie den Wanderungen in die Umgebung teilgenommen.
Ein Fußballspiel gegen die einheimische Jugendmannschaft wurde organisiert, welches wir natürlich gewonnen haben. So verging die Woche wie im Flug, und glücklich traten wir die Heimfahrt an.
PS.: Für die Jungen, die in der 1. Jugendmannschaft spielen durften, hat diese Woche eine sehr positive sportliche Entwicklung gebracht. Die Mannschaft war über Jahre die erfolgreichste Jugendmannschaft der Ost- und Westprignitz. Zu ihren Spielen kamen bis zu eintausend Zuschauer. Zur 1. Herrenmannschaft standen kaum 200 Anhänger am Spielfeldrand.
Autor: Richard Hensel