von Peter Bigos | Das erste Mal Richtung Süden. Wir hofften auf ein kulturell schönes Erlebnis. Mein Vater hat uns die Italienreise finanziert und uns als 73-jähriger natürlich begleitet. Damals bot die Reisefirma Courtial Informations- und Pilger-Reisen für einen annehmbaren Preis von ungefähr 230 Mark pro Person nach Rom an. Wir haben uns angemeldet und im März 1973 ging es los. Ab Hamburg-Hauptbahnhof im Schlafwagen-Zug. Wir als Ehepaar mit unseren zwei jungen Töchtern. Es war alles sehr gut organisiert.
Mit dem D-Zug und der vorgespannten Dampflok dauerte es damals fast 12 Stunden bis Basel. Von dort ging es weiter Richtung zum St. Gotthard-Tunnel. 16 Stunden sollte die Reise bis Rom noch dauern. Auf der Alpennordseite herrschte noch der Winter, aber auf der Südseite begrüßte uns der italienische Frühling. Der Kontrast konnte nicht größer sein, wir waren begeistert und es wurde von Stunde zu Stunde schöner.
In Milano hatten wir einen längeren Aufenthalt. Wir verschafften uns einen kurzen Eindruck vom erstaunlichen Leben der Bewohner und der Architektur.
Wenige Stunden später erreichten wir Roma Termini, also Rom. In der Nähe des Vatikans, in einem Nonnenkloster, bekamen wir unser Quartier. Die Schwestern waren schwarz-weiß gekleidet wie in der bekannten TV-Serie mit Horst Wepper im Kloster Kaltental.
Italienische Lira hatten wir bündelweise mitgebracht (denn es herrschte zu der Zeit große Inflation in Italien), und so haben wir uns einige Fakultativfahrten erlauben können. Diese Fahrten mit Reiseführern waren erstaunlich gut organisiert. So „das antike Rom“ oder „der Vatikan“ usw.
Beeindruckend war das Forum Romanum mit dem Pantheon (kein einziges Fenster, trotzdem hell durch die offene Kuppel) und natürlich das Collosseum mit den gewaltigen Mauern und der tollen Architektur.
Im vatikanischen Museum großer Andrang, viele Skulpturen, alle mit Feigenblatt. Dann die Sixtina mit Michelangelos Fresken, einfach herrlich. In der Stadt die Fontana di Trevi, die glitzernden Münzen im Becken, überall sprudelnde Brunnen und der Bocca di Verita. Mund der Wahrheit. Wehe man hat gelogen, dann wird die Hand abgebissen.
In den gastlichen Trattorias gab es gutes Essen und vorher wohlschmeckendes Panem und Vino. Am Kapitol Marcus Antonius, der edle Ritter.
Beeindruckend in Tivoli bei Rom, die Villa de Este mit der Allee der 100 Fontänen, die überaus verspielte Wasserkunst mit ägyptischen Figuren. Wasser spritzte aus den Brüsten und eine etruskische Frauengottheit mit 20 Brüsten war im stillen Winkel des Gartens. So etwas ließen sich die geistlichen Herren gefallen und außerdem? Naja, die Gespielinnen.
Unter der römischen Erde besuchten wir dann die Katakomben, die zum Teil eingestürzt waren. Die verfolgten Christen verständigten sich mit Symbolen wie etwa dem „Fisch“.
Ostia Antica: eine Perle der Antike, wunderbare Mosaiken und Gemeinschaftstoiletten mit Wasserspülung, eine technische Meisterleistung. Dann zum Schluss über Neapel (im Hintergrund der Vesuv) nach Sorrent und rüber zur Insel Capri mit der „Blauen Grotte“ und Capri-Sängern im Boot. Unsere Fahrt ins Wunderland war damit bald am Ende.
Autor: Peter Bigos