von Manfred Hüllen | Wenn die Brombeeren anfingen schwarz zu werden, dann wurde es für viele Zeit, sich zu informieren, wo die meisten Früchte wuchsen. In meinem Fall war es am Düsseldorfer Südfriedhof. Dort fanden sich lange Reihen mit bis zu 4 Meter hohen Brombeergebüschen, voll mit tausenden von Brombeerfrüchten. Aber es waren auch sehr, sehr viele Sammler da.
Ich hatte eine mittelgroße Aluminiumkanne dabei, die ich schnell füllen wollte. Da ich für mein Alter recht groß war, konnte ich auch an höher hängende Früchte gelangen. Ein mir bekannter Junge aus der Nachbarschaft hatte zudem eine kleine Leiter dabei, die er mir kurzfristig zur Verfügung stellte.
Auf der obersten Stufe stehend, kam ich an herrliche große, pechschwarze Brombeeren, einfach nur lecker. Meine schon fast gefüllte Kanne stellte ich neben die Leiter auf den Boden. In einer kleinen Schale von meinem Bekannten sammelte ich hoch oben weiter Brombeeren ein. Als die Schale voll war, ging es wieder nach unten. Aber, oh Schreck, wo war meine Alukanne? Sie war weg. Da dort recht viele Sammler unterwegs waren, hatte wohl jemand einfach meine Brombeerkanne mitgehen lassen.
Alles Sammeln war umsonst gewesen und die Alukanne auch noch weg. Traurig und betrübt ging ich an der langen Brombeerhecke zurück in Richtung Zuhause. Da aber sah ich meine Kanne auf dem Boden stehen, daneben ein Mann auf einem Hocker, der fleißig Brombeeren pflückte. Schnell griff ich meine Kanne und lief nach Hause.
Dort lobte mich meine Mutter, fragte dann aber: „Woher hast du denn diese Kanne?“ Erst jetzt bemerkte ich, dass diese Kanne größer war, als meine mir geklaute. Schnell war mir klar, ich hatte versehentlich die Kanne eines anderen gestohlen. Meine Mutter meinte, das sei der gerechte Ausgleich, aber ein schlechtes Gewissen hatte ich doch. Der Brombeerpfannekuchen war dann aber so lecker, dass ich mein schlechtes Gewissen nicht mehr so stark spürte. So war eben diese Zeit im Sommer 1947.
Autor: Manfred Hüllen