von Günter Lucks | Die Fahrerlaubnis, also die Führerscheine, bekamen wir im Januar 1966, und am 4. Juni kauften wir auf Raten einen weißen Gebrauchtwagen der Marke VW 1600 N, für DM 3.000,-. Der hatte schon 90.000 km/h gefahren, das stand auf dem Tachometer. Stimmt wohl auch, denn damals manipulierte man noch nicht so oft am Tacho, damit der weniger anzeigte.
Wir hatten noch keine Erfahrung, aber wir wollten jetzt nach Paris fahren, um unsere französischen Freunde zu besuchen, die wir in Rotholz in Tirol kennen gelernt hatten, als wir unsere Urlaubsreisen noch mit der Bahn machten.
Am 15. Juni traten wir unsere erste Auslandsreise an, wobei wir uns gegenseitig am Lenkrad von Zeit zu Zeit ablösten. Vorher kauften wir bei einer Bank das erforderliche französische Geld und auch, weil wir durch Belgien fahren wollten, für 50 DM Belgische Franc.
Die Fahrt ging zügig, und ich wurde etwas übermütig und fuhr oft ein wenig zu schnell. So kam es, als ich noch vor der Grenze tanken wollte, fast zu einem Unfall, an dem ich Schuld gehabt hätte. Als ich in die Einfahrt zur Tankstelle wollte, musste ich scharf bremsen. Ein Lastwagen hinter mir hatte Mühe auch zu bremsen, und der Fahrer zeigte mir den Vogel und ich sah ihn fluchen.
Aber weil ich immer noch zu schnell war, konnte ich an den Zapfsäulen nicht halten und fuhr daran vorbei, setzte dann zurück und sagte zum Tankwart: „Einmal volltanken bitte.“ Der fragte mich aber sarkastisch, ob ich immer so zum Tanken fahre. Wir blieben noch etwas länger im Tankstellenbereich, denn ich wollte den wütenden LKW-Fahrer nicht überholen, denn der war stinksauer.
Dann waren wir in Belgien. Hier gab es das nächste Ärgernis. In einer Raststätte tranken wir mit dem belgischen Geld einen Becher Kaffee. Ich nahm das Wechselgeld und weiter ging es. Vor der Grenze nach Frankreich wollte ich mit dem Geld noch tanken, aber man nahm das Geld nicht an: Es wären alte Francs von vor der Währungsreform, erklärte man mir.
Jetzt waren wir aber in Frankreich und schon in den Vororten von Paris. Wir kannten manche Schilder nicht und wussten dann nicht, was „sauf 50“ hieß. Später erst sagte man mir, dass es „Begrenzung auf 50 km/h“ bedeutete. Auch „sens unique“ kannte ich nicht und fuhr prompt in eine Einbahnstraße in verkehrter Richtung. Ein Hupkonzert war die Folge, und ein Flic, wie die Polizisten dort genannt werden, mit einem Baguette unter dem Arm, er hatte Dienstschluss, hielt mich mit seiner Trillerpfeife an. Halb in deutsch sprechend sagte er: „Monsieur que faites vous, was machen Sie, mon Dieu ? (Mein Gott)“ „Ich fahre nach Paris“, antwortete ich. „Mais sens unique“, sagte er, was Einbahnstraße hieß.
Dem wütenden Autofahrer vor mir gebot er zu schweigen. Dann lachte er, denn er kam auf eine hervorragende Idee und meinte: „Alors, sie drehen die voiture den Wagen um und fahren zurück“.
Mit strenger Dienstmiene gab er mir mit einem Pfiff den Befehl zur Weiterfahrt. Drei Tage blieben wir bei den Freunden. Zu Hause zurück reichte mir meine Frau einen Kaffee und sagte: „Hier sauf‘!“ Das sprach sie französisch aus, „ssoof“!
Autor: Günter Lucks