von Hans Ebel | Wir wohnten im britischen Sektor von Berlin, in Schmargendorf, als die Kindererholungsmaßnahme, genannt „Aktion Storch“ 1948/49 ins Leben gerufen wurde. Ich weiß leider nicht mehr, wie es dazu kam, dass ich, schon 16-jährig, noch an dieser Erholungsmaßnahme teilnehmen konnte.
In Wannsee wurden wir Kinder mit einem Boot zu dem viermotorigen Flugboot, eine „SUNDERLAND“, gebracht und saßen im Flugzeug auf einfachen militärischen Sitzen der British Airforce und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Plötzlich sagte der Pilot, es geht heute wieder nach Hause – wir fliegen nicht, weil auf der Elbe bei Hamburg Nebel herrscht; darum gibt es keinen Kindertransport.
Tage später ging es dann doch endlich los. Durch die Fenster konnte man beim Start auf dem Wannsee sehen, wie das Wasser am Flugboot vorbei peitschte, bis wir endlich in der Luft waren. Es war überhaupt mein erster Flug. Die Landung auf der Elbe ging auch wie der Start vom Wannsee vonstatten, es hat leicht geschaukelt, als wir auf der Elbe bei Finkenwerder landeten. Mit einem Boot wurden wir zum Ufer transportiert, wo Busse der britischen Armee für uns bereit standen. Ich glaube, vom Roten Kreuz bekamen wir einen kleinen Imbiss und Kakao, bevor es bald weiter ging. Ich wurde mit anderen Kindern nach Rastede bei Oldenburg gebracht und dort zu einem Bauern von Rastede. Endlich gab es dort etwas zu essen.
An den folgenden Tagen stromerte ich mit einem anderen Jungen in der Gegend umher und wir kamen zum Schloss Rastede. Durch die Fenster sahen wir Mengen von CARE Paketen. Irgendwie, ohne die Fenster kaputt zu machen, gelangten wir in das Schloss. Aus einem CARE Paket entwendeten wir Schokolade und wurden prompt von der kanadischen Militärpolizei erwischt, die aber nur mit dem Finger drohte.
Ich glaube, wegen dieses Vorfalls konnte ich nicht in Rastede bleiben und wurde mit einem Bus der britischen Armee nach Esenshamm bei Nordenham zu einem Landwirt gebracht. Hier wurde mit Torfstücken in der Küche gekocht und im Ofen geheizt.
Tagsüber habe ich beim Torfstechen teilgenommen. Außerdem hatte der Landwirt täglich mit einem gummibereiften, flachen Wagen mit zwei Pferden davor die großen Milchkannen der umliegenden Gehöfte einzusammeln und zur Molkerei zu bringen. Nach einer Woche konnte ich die Pferde selber lenken und sogar einmal selbständig die Milchkannen zur Molkerei bringen und auch zurückbringen. Ich wusste genau, welche Gehöfte Butter oder Magermilch für die Kälber bekamen. Bis zum Ende der Erholungsmaßnahme war ich bei dem Landwirt in Esenshamm.
Autor: Hans Ebel