von Claus Günther | Nach-Gedachtes über einen szenischen Rundgang: „Wege nach Neuengamme“
Sonntag, 20. März 2011, 14 Uhr, Treffpunkt Thalia Theater: Etwa 35 Menschen haben sich eingefunden, um auf einem Rundgang (Lebens-) „Wege nach Neuengamme“ zu erkunden. Erinnerungen an Menschen in Hamburg zur Nazizeit, moderiert von Dr. Rita Bake, Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung, in Szenen dargestellt von der Schauspielerin Herma Koehn und dem Schauspieler Wolfgang Hartmann.
Eingang Thalia. Besonders berührt hat mich gleich zu Anfang das Schicksal der Schauspielerin Hanne Mertens, geboren 1909, die ihre Verachtung des NS-Regimes nie verheimlichte. Im Frühjahr 1943 wurde sie an das Thalia Theater verpflichtet. Auf einer privaten Feier sang sie das Lied „Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei“, weiter mit dem veränderten Text: „zuerst Adolf Hitler, und dann die Partei.“ Da Gestapo-Leute Ohrenzeugen waren, wurde sie denunziert, kurz darauf festgenommen und wegen „Wehrkraftzersetzung“ im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert.
Am 20. April 1945, als die Besetzung Hamburgs zu befürchten war, wurde sie in das KZ Neuengamme gebracht und dort, gemeinsam mit anderen Frauen, in den Nächten zwischen dem 21. und 23. April 1945 erhängt.
Unser Rundgang führte danach zum Rathaus, zum Alten Wall 12 (früher Schallplattenhaus „Benjamin“), zu den Alsterarkaden, zum Neuen Wall (Buchhandlung Felix Jud), zum Jungfernstieg 50 (Gedenktafel für Hamburger Widerständler der Gruppe „Weiße Rose“), und schließlich zur Stadthausbrücke 8, der einstigen Gestapo-Zentrale.
Alle Namen und Schicksale an dieser Stelle aufzuzählen, würde zu weit führen, doch die szenische Darstellung durch die beiden Schauspieler, ergänzt durch einführende Texte von Rita Bake, ließ die Zeit der NS-Diktatur lebendig werden. Namen wurden zu Menschen, Lebensläufe fanden Gehör, und die brutale Gewalt wurde erschreckend spürbar: Ein Erinnern an Bürger in Hamburg, wie es eindrucksvoller kaum vorstellbar ist!
Autor: Claus Günther