von Emmi Füllenbach | Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Am 1. Dezember 1936 begann die Zwangsverpflichtung aller Jugendlichen des Deutschen Reiches zur Mitgliedschaft in HJ (Hitlerjugend) oder BDM (Bund Deutscher Mädchen).
Auch ich wurde Mitglied im BDM und wurde Mädelscharführerin.
Damals empfand ich die Zeit in der Jugendorganisation, meine Jugendzeit, als „schön“. Was machte die BDM-Zeit aus?
Wir trugen einen dunklen Rock, eine weiße Bluse, einen schwarzen Schlips mit braunem Knoten. Toll fand ich unsere braune Kletterweste. War sie aus Leder?
Wir trafen uns einmal wöchentlich in einem Schulzimmer. Es wurde gesungen, wir diskutierten hauptsächlich über die nationalsozialistische Politik, erzählten unsere Erlebnisse, machten Handarbeiten. Sogar Morsen haben wir gelernt. So ein Nachmittag ging schnell herum, und wir freuten uns auf die nächste Woche.
Sonnabends war vormittags Sport. Laufen, Hochsprung, Weitsprung und Werfen waren die Hauptfächer. Beim Ball-Weitwurf war ich die große Versagerin.
Sonntags verabredeten wir uns. Zwischen 7 und 8 Uhr war Treffen. Wir fuhren fast immer in die Harburger Berge. Nach dem Frühstück, das wir uns in unseren Rucksäcken mitgebracht hatten, begannen wir mit Spielen.
Bei Beginn meiner Lehre trat ich aus dem BDM aus. Ich wurde für die NSDAP geworben. Hier bot man mir einen gut bezahlten Arbeitsplatz an, den ich ablehnte. Ich wollte lieber in meiner Lehrfirma bleiben, da meine Berufswünsche in eine ganz andere Richtung gingen.
In Erinnerung geblieben ist mir, dass Werte wie „Ordnung“, „Disziplin“, „Pünktlichkeit“, „Fleiß“ und „Hilfsbereitschaft“ betont wurden.
Aber: Meinungsfreiheit, wie wir sie heute schätzen, gab es dabei nicht. Befehl war Befehl, dem hatte man sich unterzuordnen. Dagegen zu sein war gefährlich. Die Freiheit und die Meinung des Einzelnen waren kein Wert.
1939 begann der 2. Weltkrieg. Alle haben sehr gelitten. Als 1945 der Krieg zu Ende war, konnte ich zunächst nicht glauben, welche Gräuel besonders in den Konzentrationslagern vorgekommen waren. Das Entsetzen packte mich, und ich habe viele Jahre gebraucht, um damit fertig zu werden. Ich bin es auch heute noch nicht: Für diese Partei habe ich mich im BDM eingesetzt????
Heute führt unsere Jugend ein ganz anderes Leben. Sie gestaltet ihre Freizeit selbst, geht in die Disco, treibt Sport, sie arbeitet fleißig viele Stunden für ihre Bildung.
Die Jugend sagt, was sie denkt und sie darf über alles diskutieren.
Autorin: Emmi Füllenbach