von Manfred Hüllen | 1947 im Oktober beobachtete ich einen Mann in Düsseldorf, wie er in unserem Hinterhof mit dem Hammer immer wieder auf runde Gegenstände schlug. Eigentlich dachte ich mir nichts dabei, beschloss aber, die Sache weiterhin zu beobachten. Nach einem längeren Zeitraum sah ich, wie der Mann die mit dem Hammer platt geschlagenen Rohre in seinen Rucksack packte und mit diesem zurück in unser Wohnhaus ging. Warum weiß ich nicht, aber ich folgte ihm. Er ging in den Keller und in einer Ecke lag ein großer Haufen getrockneter Schlammkohle. Mit einer Schaufel grub er ein Loch und in dieses Loch legte er den Inhalt seines Wehrmachtsrucksackes hinein. Bevor er mich sehen konnte, lief ich aus dem Keller in unsere Wohnung mit dem Vorsatz: „Das muss ich mir später ansehen – was da wohl in dem Kohleloch liegt!“
Da ja immer etwas geschah, hatte ich diesen Vorfall vergessen. Ein paar Wochen später musste ich etwas aus dem Keller holen, und da fiel mir der Kohleberg wieder ins Auge. Schnell grub ich ein Loch hinein und stieß auf etwas Hartes. Mit den Händen nahm ich einen flachen und auch schweren Gegenstand heraus – es war ein platt geschlagenes Bleirohr. Schnell legte ich die Stücke in eine Holzkiste. Nachdem ich keine Rohre mehr fand, schüttete ich das Loch wieder zu. Mit der Kiste und dem Inhalt ging ich zu einem Schrotthändler. Ich bekam für meine Verhältnisse recht viel Geld, damit konnte ich Kaffee und auch Zigaretten für meine Mutter kaufen. Heute denke ich über diese Zeit nach und mir wird dabei klar, was der Mensch in Notzeiten doch so alles getan hat! Anfangs hatte ich noch ein schlechtes Gewissen und bat den lieben Gott um Verzeihung. Doch das dauerte nicht lange, man war oder wurde mit der Zeit ein kleiner Ganove.
Positiv gesagt: man begann in dieser Zeit zu lernen, wie man überleben konnte.
Autor: Manfred Hüllen