von Richard Hensel | Danzig ist meine Geburtsstadt, dort habe ich auch bis zum 29. Januar 1946 gelebt.
Am 1. September 1939, es war ein Freitag, ich war 6 Jahre alt, wurde ich durch Geräusche geweckt, von denen ich glaubte, es wäre ein sehr schweres Gewitter. Aber das war es nicht. Es war das Mündungsfeuer aus den Kanonen des Schulschiffs Schleswig-Holstein und die Detonation der Granaten, mit denen das Schiff die Westerplatte beschoss.
Die Schleswig-Holstein war einige Tage vor dem 1.9.39 zu einem Freundschaftsbesuch nach Danzig gekommen. Man hatte ihr den Liegeplatz im Hafen genau gegenüber der polnischen Festung Westerplatte zugewiesen.
Mein Vater, der vor meinem Bett stand, erklärte mir, dass es kein Gewitter sei. Es wäre Krieg! Damit konnte ich damals nichts anfangen. Für mich war es nur ungewöhnlich, dass mein Vater nicht an seinem Arbeitsplatz in der Bäckerei war. Sonst wurden wir immer von unserem Kindermädchen geweckt.
Doch dieses Mal war alles anders. Ich musste auch nicht in die Schule. Ob ich mich darüber gefreut habe, weiß ich nicht mehr.
Autor: Richard Hensel