von Astrid Wörn | Die großen Ferien nannten wir in unserer Schulzeit die Sommerferien. Sechs Wochen endloses Glück, das war das Gefühl, mit dem wir, das Zeugnis im Tornister, nach Hause gingen. In den höheren Jahrgängen trafen wir uns in der Eisdiele. Drei Kugeln mit Sahne und Schokostreuseln und dann ab ins Freibad oder mit der besten Freundin ein Paar Sandalen für die Tage am Meer aussuchen. Eine wunderbare, unbeschwerte Zeit lag vor uns.
Das Leben zwischen damals und heute hat mich stiller und nachdenklicher gemacht, auch trauriger durch Abschiede von Menschen und Tieren und durch unschöne Erfahrungen. Aber immer gab es da Augenblicke des Glücks. Glück bedeutet für mich Hoffnung auf etwas Besseres. Glück beinhaltet die Möglichkeit, Dinge verändern zu können.
Seit Corona schwindet meine Zuversicht. Corona zeigt all das auf, was schon vorher vernachlässigt wurde. Aber das Ausmaß erschüttert mich dann doch. War ich vorher zu gutgläubig? War meine Idee von Glück kleinbürgerlich, weil es mein persönliches Glück meinte?
Glück braucht einen neuen Blick, und den suche ich gerade. Was macht mich in Zeiten von Corona glücklich? Dass meine Liebsten und ich bis heute verschont geblieben sind. Dass ich Gedankenkräfte habe, Sinnhaftes von Irrlichtern und Angstmache zu unterscheiden. Aber mein Glück hat Risse, die ich nicht kenne. Eine eigenartige Fremdheit liegt in der Luft. Etwas Beunruhigendes.
In meinem Poesiealbum von 1965 beschreibt mein Vater das Glück als individuelle Verpflichtung, Trost und Schönheit in die Welt zu bringen. Meine Mutter sagt, vor jedem Glück steht beherztes Tun. Ein Glücksempfinden weit über den Tag hinaus, über Generationen hinweg.
Autorin: Astrid Wörn