von Waltraud Pleß | Zum Thema Schulalltag fällt mir schmerzlich ein, dass es auch damals schon Mobbing gab. Nach einer Prüfung durch den Schulrat, dem ich den druckfrischen Leitartikel des „Völkischen Beobachter“ vorgelesen und dessen Rechenaufgaben gelöst hatte, durfte ich die erste Klasse der damaligen Volksschule überspringen.
Meine Diktate waren offenbar fehlerfrei oder gut, was die Klassenlehrerin dazu benutzte, meine Mitschülerinnen entsprechend zusammenzustauchen. „Wir lernen das hier schon seit einer Ewigkeit, und Ihr…..“ Das Verhältnis zu meinen Mitschülerinnen, die ich ja kaum kennenlernen konnte, war dadurch restlos zerstört.
Zum Glück war diese Schulzeit nicht von langer Dauer. Wegen der häufigen Luftangriffe wurden wir mit der Aufforderung, schnell nach Hause zu laufen, aus der Schule entlassen. Weder dort noch sonst wo gab es eine Schutzmöglichkeit.
Meine Heimatstadt war von einer Mauer umgeben. Den Bereich musste ich diagonal durchqueren. Auf dem Marktplatz in der Mitte machte ich eine Pause und hörte über einen Lautsprecher die neuesten Nachrichten über die Fronterfolge der deutschen Truppen. Wirkliche Luftangriffe gab es auf diese kleine Stadt zunächst nicht, sondern nur auf das etwa 30 km entfernte Stettin mit Werften. Außerdem war das Raketenforschungsgelände Peenemünde nicht weit entfernt.
Den damaligen Schulweg habe ich zu meinem 85. Geburtstag nochmals nachvollzogen. Ein Kind brauchte bestimmt 40 Minuten.
Bald darauf wurde das Schulgebäude zu einem Frontlazarett umfunktioniert. Meine Grundschulzeit war daher von kurzer Dauer.
Als meine Mutter mit uns drei Kindern am 17. 2. 1945 bei 17 Grad minus zu Fuß erst spät auf die Flucht gehen musste, war die Stadt noch unversehrt. Vorher war das nicht erlaubt, weil die Straßen hoffnungslos von den Trecks aus den östlicheren Gebieten verstopft waren.
Die Stadt wurde unmittelbar vor dem Kriegsende restlos zerstört, obwohl es dort weder Industrie noch sonstige kriegswichtige Betriebe gab.
Autorin: Waltraud Pleß